Von Gastfreundschaft, Kirschen und einer Wand im Wald

   

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Drei Monate ist es her, dass ich Fuß auf australischen Boden gesetzt habe. Verdammt. Das ist bereits ein Viertel der Zeit, die ich geplant habe hier zu verbringen. Sechs Wochen davon habe ich jetzt in Tasmanien verbracht, zwei reisend, die übrigen arbeitend. Wie die Zeit vergeht. Und wie schnell der Alltag wieder einkehren kann. Aber ich will von vorne beginnen…
Meinen letzten recht Alkoholgeschwängerten Beitrag, danke Susanne, habe ich auf der Fährüberfahrt von Melbourne nach Devonport verfasst. Seit der Landung sind viele Tage vergangen, aber verhältnismäßig wenige Kilometer auf dem Rad zurückgelegt worden.

Natürlich war ich nicht der einzige Radler auf der Fähre. So war es unumgänglich einen anderen deutschen Radreisenden zu treffen. Ich treffe ungern andere deutsche Radler. Überhaupt treffe ich ungern andere Deutsche auf Reisen. Da kann ich ja gleich zuhause bleiben. Aber manchmal, wie in diesem Fall, werde ich positiv überrascht.

Daniel ist die Ostküste Australiens runtergeradelt. Viel interessanter aber war seine vorangegangene Radreise in Japan. Auf meiner virtuellen Reiseliste ist Japan schon seit längerem vermerkt. Wer gerne reist kennt das: Man muss Bock auf eine Destination haben. Südamerika ist der bislang einzig unberührte Kontinent für mich. Reizt mich momentan noch nicht. Der Tag wird kommen, ganz bestimmt…Nicht zuletzt träume ich davon von Alaska nach Patagonien zu radeln. Jetzt könnte es bald Zeit für einen Japan-Trip sein. Ein Paradies für Radfahrer wie es scheint. Für den Moment will ich aber versuchen im Hier und Jetzt zu bleiben…


Die ersten zwei Radtage in Tasmanien waren dank zweier Warmshower-Aufenthalte sehr entspannt. Von der Fähre in Devonport ging es entlang der Küste nach Ulverston zu Ann und Tim. Ein kurzer Trip bei herrlichem Wetter. Ein erster Willkommensgruß von Tasmanien. Während ich das schreibe fühlt sich das fremd und wie aus einer anderen Epoche an, denn mittlerweile fühle ich mich vertraut und heimisch hier. Hawaii und Neuseeland sind die beiden anderen Orte auf denen man mich jederzeit und überall absetzen könnte und ich würde mich sofort wohlfühlen.
Ich erreichte mein Ziel recht früh. Tim war im weitläufigen Garten beschäftigt (Himbeeren, Erdbeeren, Salat, Kartoffeln, Zucchini, Kürbisse, Avocados, Karotten, Kräuter…ein Traum!). Tim und Ann sind gebürtige Briten. Nach einiger Zeit in Neuseeland und auf dem australischen Festland, entschieden sie sich für den Norden Tasmaniens. Leicht nachzuvollziehen, warum sie sich hier wohlfühlen. Das Meer, die Hügel, Bauernhöfe, Natur. Und Ruhe.

Wenige Wochen zuvor feierte Tim seinen 60ten Geburtstag zu welchem er sich selbst beschenkte: Es hat vier Räder, ist dunkelgrün, fährt offen und tauft sich auf den Namen CARL oder CARLY (Can’t afford a real Lotus, yet. dt.: Ich kann mir (noch) keinen echten Lotus leisten.). Ein Lotus Replica. Nach einer Dusche und einem Mittagsschläfchen nahm mich Tim mit auf eine ausführliche Spritztour in das Umland. Nach wenigen Kilometern landeinwärts war es um mich geschehen. Was für ein schöner Flecken Erde! Der perfekte Start für diesen Abschnitt meiner Australienreise.

Nach unserer Rückkehr pflückten wir Himbeeren für den Nachtisch und ein paar Kräuter für das Abendessen. Ich lernte Ann kennen, die gleichermaßen aufgeschlossen und liebenswürdig war. Ann zauberte ein asiatisches Gemüse-Hähnchen-Reis-Gericht. Bis auf die Fleischbeilage und den Reis alles aus dem eigenen Garten. Beneidenswert. Wir philosophierten über das Reisen und Radfahren und ich bekam hilfreiche Tipps für Tasmanien.

Auch für den kommenden Tag hatte ich eine Warmshower Gelegenheit organisiert. Auf dem direktesten Weg wären es nur 20 Kilometer oder so gewesen, aber ich fühlte mich wieder bereit und erholt genug, um noch ein paar mehr Meter zu machen. Vor allem angesichts einer weiteren zivilisierten Nacht am Ende des Tages. Also radelte ich Inland, auf einer ähnlichen Route, wie ich sie mit Tim am Tag zuvor im grünen Flitzer zurückgelegt hatte. Hier ist die Route für den ersten Teil meiner Tasmanien Tour.

Anfangs blieb ich jedoch in einem gemütlichen Cafe in Penguin hängen. Mit Meerblick, Kaffee und Kuchen textete ich etwas an meinem letzten Bericht herum. Ich hatte ja Zeit. Just als ich aufbrechen wollte, hielten Ann und Tim und wir plauschten noch eine Runde. Dann aber los. Durch herrliche Farmlandschaft mit vielen blühenden Mohnfeldern ging es auf und ab. Zunächst Inland und nachher wieder Richtung Meer. Am frühen Abend traf ich dann meine Gastgeberin, die gerade zu ihrer wöchentlichen Fitnessstunde aufbrach. In typischer Warmshowers-Manier sollte ich es mir einfach gemütlich machen, bis sie zurückkehrte. Den Abend tauschten wir Radgeschichten aus und ich bekam noch mehr Ideen für schöne Plätze in Tasmanien.

Bis Hobart würde das dann auch der letzte Aufenthalt in vier Wänden und unter einem Dach sein. Die wilde Westküste wartete darauf erradelt zu werden. Bis Stanley war die Straße unangenehm verkehrsreich. Das besserte sich aber schlagartig, sobald ich den Westen erreichte. Schotterpisten, steile Hügel und eine starke Brise. Regen hier und da und viel grün. Wild beschreibt diesen Teil Tasmaniens am besten. Windig, wild und nass. Und hügelig aus Perspektive eines Radlers.


In Marrawah steuerte ich ein super Camp direkt an einem ruhigen Strand an. Es war ein heißer und hügliger Tag, kurz vor Weihnachten. Ich rollte auf die Campingfläche und streckte alle viere von mir. Ein kühles Getränk wäre jetzt gut. Ich öffnete meine Augen und da stand mein bierbäuchiger, leicht sonnenverbrannter, englischer Engel mit einem kalten Bier in der Hand und wünscht mir fröhliche Weihnachten. Oh Yeah. Abkühlen im Meer und den Ort genießen. Ein perfekter Tag.

Das Wetter wurde nun mehr Westküstentypisch. Nass. Ich radelte einen kompletten Tag durch den Regen. Ohne vernünftige Regenjacke, aber das ist eine andere Geschichte. Nass bis auf die Knochen erkämpfte ich mir die unmenschlich steilen Rampen des Tarkine Forest. Vielleicht eine handvoll motorisierter Abenteurer bekam ich zu sehen. Und deren wenig helfenden mitleidigen Blicke. Es gibt bessere Tage auf dem Rad, nichtsdestotrotz war die Natur der Hammer. Vielleicht umso mehr wegen dem Wetter.

Neuer Tag, anderes Wetter. Aber immer noch nasse Klamotten. Es wurde ein sonniger Tag und das Leben war wieder einfach. Kurz vor Corinna, einem Mini-Ort am Piemann River, kam mir ein anderer Radler entgegen. Jacob aus Colorado. Drei Jahre auf dem Rad. Halleluja. Nach Afrika will er noch, dann ist er auf allen Kontinenten geradelt. Er schläft in einer Camping Hängematte.

In Corinna machte ich Nutzen von der Sonne und breitete mich aus, um meine Sachen zu trocknen. Ich machte einen kleinen Spaziergang im mächtigen Huon Pine-Wald. Die zweitälteste Pflanze auf unserem Planet. Die älteste wächst ebenfalls in Tasmanien, mit natürlich nur noch wenigen Exemplaren. So bedroht, dass der genaue Standort geheim gehalten wird. Sagt mir Wikipedia.


Nach einer Fährüberfahrt und noch steileren Hügeln, wirklich, so steil, ich wusste nicht mehr, ob ich lachen oder weinen sollte. Aber ich liebe ja Herausforderungen. So kämpfte ich mich über die Hügel. Je härter und länger die Anstiege, desto umwerfender die Ausblicke auf umliegende Berge, Täler, Wälder. Natur pur. Der Übergang in zivilisiertere Gegenden verlief gemächlich.

Zunächst fand ich mich auf asphaltierten Straßen wieder, die nach meinem Belieben aber kaum befahren waren. Strahan war dann der erste Ort seit langem mit einem Supermarkt. Herrlich am Gordon River gelegen. Wer es sich leisten kann, macht hier eine Bootsfahrt. Keine Bootstour für mich.
Ein schier unendlich langer Anstieg Richtung Queenstown belohnte mich mit einem herrlichen Ausblick auf den Bergbau Ort. Erstaunlich und erschreckend zugleich was der Mensch zu leisten im Stande ist. Wie ich bereits im Yukon, dort durch den Goldabbau bedingt, gesehen habe, ist hier durch Kohle und andere Bodenschätze motiviert. Ganze Berghänge wurden hier umgegraben. Oder besser weggegraben. Das tasmanische Queenstown hinkt der neuseeländischen Adrenalin-Hauptstadt allerdings in einigem nach. Vielmehr finden sich hier ganz eigene Persönlichkeiten. Bergbauleute könnte man sagen. Aber ich urteile hier nur nach den Hütten und Vorgärten mit Bierdosen-Skulpturen.

Von Queenstown ging es dann wieder in die übliche Richtung. Im Zweifel heißt das in Tasmanien immer nach oben. Damit startete ein langer aber lohnenswerter Tag. Einer der schönsten Radfahr-Abschnitte für mich. Bis nach Lake St. Claire bin ich an diesem Tag geradelt. Durch Wald und schroffe Berglandschaften radelte ich auf verkehrsarmer Straße durch das Herz des westlichen Tasmaniens. Das Wetter war blendend und konnte ich die landschaftlichen Schmankerl um mich herum in voller Sommerpracht bestaunen.

Die lange Abfahrt runter nach Lake St. Claire brachte dann einen radikalen Landschaftswechsel mit sich. Aus dichtem Wald und felsigen Bergen ging es in eine beinahe steppenartige Ebene mit hohem Gras und Eukalyptusbäumen. Viele Eindrücke für einen Tag auf dem Rad.

Endlich. Weihnachten. Auch wenn es schlichtweg pervers ist hier unten bärtige Weihnachtsmänner und Rentiere zu sehen, freute ich mich die Tage zuvor doch ein bisschen auf das Fest. Das Wetter spielte mit. Kein Schnee, dafür herrlichstes Sommerwetter. Ab in den Supermarkt, Bratwürste und Bier. Eiskaltes Bier. Fröhliche Weihnachten.

Ich fuhr wenige Kilometer weiter und campte an einem Staudamm. Eine Dose für den Weg zum kühlen Nass. Radreisend ist ein Bier für mich mehr als genug auf nüchternen Magen. Gut, dass ich am See auf zwei Australier traf, die mit mir ihr Feierabendbierchen teilen wollten. Hui. Das erfrischend kalte Wasser belebte nicht nur meine müden Glieder von den vergangenen harten Tagen im Sattel, sondern weckte auch meine alkohol-betäubten Sinne wieder auf. Zeit für Wurst. Lammwurst mit Curry Gemüse. Frohe Weihnachten. Das war es dann auch schon. Am nächsten Tag war schließlich nochmal Weihnachten. Weil die Australier am Morgen des 25. Dezember feiern. Für mich hieß das Ziel an diesem Tag Hobart.
Ich hatte gar keine Lust auf Großstadt. Zumindest denkt man das bei 300.000 Einwohnern. Frage mich allerdings immernoch wo die sich alle verstecken. Ich liebe Hobart. Nicht zuletzt weil ich ein paar Wochen dort gewohnt habe. Mehr davon später.

Das erste positive an Hobart: Es gibt einen 10 Kilometer langen Radweg in die Stadt hinein. Es war unfassbar heiß. Also für tasmanische Verhältnisse. Die Stadt glich einer Geisterstadt, aufgrund des Feiertags. Unüblicherweise hatte ich keine Warmshower-Gelegenheit arrangiert, da ich niemand mit meiner Anwesenheit belasten wollte. Die bucklige Verwandschaft reicht den meisten sicherlich. Da muss nicht noch ein geschundener, schwitziger Radfahrer mit Bärenappetit angetanzt kommen. Also Hostel. Das zweite Mal auf dem gesamten Trip, dass ich für einen Schlafplatz bezahle. Ich hasse Hostels. Es war noch heißer als heiß im vollgepackten, kleinen sechs Bett Zimmer im obersten Stockwerk. Drei Inder und ein Pärchen aus Sachsen, das sich, typisch deutsch, über alles und jeden beschwerte. Die beiden waren aber doch ganz nett, wie sich später herausstellte.
Die Nacht brachte dann einen krassen, aber willkommenen Temperatursturz. Und Regen. Viel Regen. Das freute mich ausnahmsweise sehr. Denn ich freute mich wie ein Kind ins Kino zu gehen und den neuen Star Wars zu sehen. Schlimm wie voll ein Kinosaal um 11 Uhr morgens am zweiten Weihnachtsfeiertag sein kann. Und das waren nicht alles deutsche Radfahrer! Noch besser als der Film, war, dass ich heute Abend wieder in den Genuss einer Warmshower Gelegenheit kommen würde. Und diese sollte meine restliche Zeit in Tasmanien maßgeblich beeinflussen.

Alles beginnt damit, dass Eric, der Gastgeber, mich bereits gesehen und halbwegs erwartet hatte, bevor ich überhaupt angefragt hatte bei ihm zu schlafen. Als ich mich wenige Tage zuvor für mein Weihnachtsfest eindeckte, hielt ein Reisebus für eine kurze Pause in dem kleinen Ort Ouse. In diesem Bus befand sich Eric, auf der Rückreise vom Overland Track, den er in einem Tag bewältigt hatte (65km). Er sah mich mit meinem Rad und bemerkte zu seiner Sitznachbarin, dass ich ihn sicherlich kontaktieren würde. Und es gibt einige Warmshower Gastgeber in Hobart.
So traf ich Eric persönlich am Nachmittag des zweiten Weihnachtsfeiertages. Ein anderer deutscher Radreisender war auch schon da. Oh nein. Aus Sachsen. Was machen die Sachsen alle in Hobart? Friedemann erlebte seine erste Warmshower Gelegenheit. Zu seinem Nachteil, denn Eric ist ein solch herausragender Gastgeber, dass man es mit Gastfreundlichkeit schon gar nicht mehr abdecken kann. Es ist ein zuhause für umherwandernde Seelen. Wie mich.

Friedemann ist übrigens ein cooler Typ und wir verstanden uns blendend. Was auch sonst. Aus einer Nacht wurden zwei. Es gab selbstgemachte Pizza im hauseigenen Holzofen.

Wir besuchten meinen zukünftigen Lieblingsmarkt, den Farm Gate Market, fuhren auf den Hausberg, Mount Wellington hinauf und bestaunten den Sonnenuntergang und ich durfte mir einen Rucksack für meinen geplanten Trip zu Maria Island ausleihen. Am zweiten Tag war es tatsächlich schwer wieder loszufahren. Aber ich würde ja bald als Kirschpflücker auf einer Farm arbeiten. Also schnell noch ein bisschen was mitnehmen.

Während der Weg zur Fähre nach Maria Island unbequem und durch den Ferien- und Feiertagsverkehr geprägt war, waren meine drei Tage auf dem Eiland umso besser. Ich wollte wandern. Wandern, wandern, wandern und das Rad nicht bewegen. Ich würde über Silvester dort sein und am Neujahrstag wieder aufs Festland übersetzen. (Wenn Australien eine Insel ist, und Tasmanien eine Insel von Australien und Maria Island eine Insel von Tasmanien, ist Tasmanien dann Festland?). Was Maria Island so einmalig macht, ist, dass es dort keine Autos gibt. Nur Wildnis und drei Camping Möglichkeiten.

Nach Ankunft wanderte ich auf den Bishop and Clerk. Gut, wenn man keine Ahnung hat. Ich erwartete nichts und auf dem Gipfel ankommend hat es mir das Gehirn weggeblasen. So wunderschön. Das Wetter war Bombe. Das Meer war so blau wie es nur sein kann und die Felsformationen so atemberaubend schön, ich wünschte ich hätte mein Zelt und Essen mitgenommen um hier oben zu campen. Wahnsinn.

Dann ging es per Rad zum südlichsten Campingplatz der Insel. Eine ruhige Bucht mit Ausblick auf den Mount Maria. Das war meine Aussicht. Drei Abende und drei Morgen lang. Es hätten gerne mehr sein dürfen, aber meine Nahrungsmittel waren erschöpft.

Am zweiten Tag startete ich im Morgengrauen zum Mount Maria. Eine sukzessive schwieriger werdende Wanderung. Vom Meer zum Gipfel, mit den letzten Metern Krakselei über ein Felsenmeer. Die Belohnung war ein perfekter 360 Grad Ausblick über die gesamte Insel. Der Rückweg war härter, als der Hinweg. Maßgeblich wegen der Hitze. Nach knapp acht Stunden war ich wieder im Camp und erfrischte mich zunächst im Meer. Schließlich hatte ich noch eine Wanderung für den kommenden Tag geplant.

Es ging zum südlichsten erwanderbaren Punkt der Insel: Haunted Bay. Das anstrengendste war wohl die Müdigkeit in den Knochen gepaart mit einem zwei Kilometer langen Sandabschnitt. Aber auch hier wurde ich wieder ausgiebig belohnt. Ein magischer Ort, fern von allem. Das tiefblaue Meer wogte ruhig in der von rötlichen Felsen geschmückten Bucht, während eine leichte Brise die Blätter in den Bäumen zum Leben erwachte.
Am Neujahrstag ging es schon wieder zurück nach Hobart, denn mein zukünftiger Arbeitgeber teilte mir mit, dass die Kirschernte bereits am 4. Januar starten würde. Knapp eine Woche früher, als erwartet. Gut für meine Reisekasse, schlecht für meine gegenwärtigen Reisepläne. Was willste machen?


Zurück in die heimischen vier Wände von Eric, der mich natürlich abermals willkommen hieß. Und erwartungsgemäß war ich nicht der einzige Gast. Drei Franzosen hatten es sich gemütlich gemacht und hatten Silvester dort verbracht. Die drei waren aus La Reunion. Das war mal was Neues. Ernest würde wenige Tage später nach Neu-Kaledonien aufbrechen, während Marine und Max den Tasmanien-Trail in Angriff nehmen würden. Das hatte ich ursprünglich auch mal geplant, aber nun rennt mir die Zeit etwas davon. Man kann nicht alles haben. Wir verbrachten zwei entspannte Tage und wie konnte es anders sein, es war wieder Sonntag: Farm Gate Market. Yeah.

Nach einem sonnigen Frühstück auf dem Markt hieß es Abschied nehmen. Die Arbeit ruft! Ab nach Huonville. Da es auf der Farm keinen Platz mehr für mich gab, musste ich eine Unterkunft finden. Nicht so schlimm. Eigentlich. Misskommunikation. Da ich den Job über meine ersten Warmshower-Gastgeber in Melbourne organisiert hatte und diese mir davon berichteten, dass sie auf der Farm wohnten, nahm ich einfach an, dass Job auch Unterkunft heißt. Nun, dem war nicht so. Kurz vor der Abfahrt nach Huonville suchte ich also nach einer Unterkunft für die nächsten Wochen.

Das Glück war mir hold und ich fand einen Campingplatz der mich für einen guten Preis aufnehmen würde. Nicht zuletzt, weil einer der Besitzer selbst mit dem Rad um die Welt geradelt ist. Am Telefon wurde ich schon mal vor dem steilen Hügel gewarnt. Diese Warnung nahm ich nicht wirklich ernst. Ich hatte schließlich die Westküste gesehen…
Die Steigung erinnerte mehr an eine windschiefe Wand, als an einen Berg. Es war purer Masochismus, dass ich vier Wochen, jeden Tag NACH der Arbeit auf der Farm dort hochgeradelt bin. Naja. Radfahren wäre übertrieben. Es war eher ein rhythmisches Drücken der Pedale. Je nach Tagesform musste ich Teile Schieben. Ich habe meinen Meister gefunden. Von insgesamt zwanzig Fahrten auf den Berg schaffte ich es vielleicht 5 Mal ohne Absteigen. Und das war ohne Gepäck. Puh. Aber so blieb ich wenigstens fit. Und ich liebte den Ort zu sehr, muss ich zugeben. So ruhig und mitten in der Natur.

Es wimmelte nur so von Pademelons – Kleinen Kängurus. Es gab Wanderwege auf den Gipfel des Mount Misery. Welch passender Name! Und in der Campingküche konnte ich entspannt Kochen. Die ersten zwei Wochen wohnten ebenfalls drei Japaner im Camp und ich lernte ein paar Brocken japanisch.

Nach vier Wochen hatte ich schließlich genug und es ergab sich die Gelegenheit wieder bei Eric in Hobart einzuziehen, während er verreiste. Ein Kollege fuhr jeden Tag aus Hobart nach Huonville und so hatte ich meine Mitfahrgelegenheit. Und wieder ein zivilisiertes Leben. Überragend

So verbrachte ich zwei herrliche Wochen in Hobart, besuchte den Sonntagsmarkt, wanderte auf Mount Wellington und nahm Erics Platz ein, als eine andere Radreisende Dame aus den Staaten hereinschneite. Zwei Wochen waren aber auch wieder genug, um das Reisefieber zu erwecken. Nach zweiwöchiger Erholungsphase, vielen Büchern, und nicht zuletzt nach den Gesprächen mit Kathryn, der Dame aus Amerika, über das Reisen, war es wieder höchste Zeit selbst aufzubrechen.

Da kam es gerade recht, dass es keine Arbeit mehr auf der Farm gab. Nach der Kirschernte bereiteten wir die Apfelbäume für die Ernte vor. Danach war dann eine zweiwöchige Pause angesagt und diesen Moment nutzte ich um wieder auf das Rad zu springen. Hopp und weg.

Während ich das schreibe, habe ich schon wieder eine Woche Fahrradfahren und einiges an Wandern hinter mir. Über diesen Teil der Reise will ich im nächsten Beitrag berichten, der nicht so lange auf sich warten lassen wird. Versprochen. Ich fange sofort an zu schreiben! Bis dahin.