Tassie continued

   

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Endlich wieder auf der Piste! Unbeschreibliches Gefühl die Bathurst Street in der Morgenluft runterzurollen. Beinahe hätte ich vergessen, wie es sich anfühlt auf Tour zu sein! Das Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit erfasste mich im Handumdrehen. Warum habe ich solange gewartet weiter zu touren?! Fluch und Segen der Komfortzone in der wir uns alle viel zu oft und viel zu lange ausruhen. Das erste Mal seit Verlassen von Deutschland, und eigentlich noch viel länger, hatte ich eine richtige Wohnung, sogar ein ganzes Haus für mich. Ein Dach über dem Kopf, fließendes, warmes Wasser und Supermärkte, um nicht zu verhungern. Warum die sichere Höhle verlassen? Zumal ich Hobart als kleine, ruhige Stadt mit herrlichen Freizeitmöglichkeiten lieben gelernt habe.


Gut, dass Kathryn, eine ältere Lady aus Amerika, mit Ihrem Trike vorbeicruiste und den Funken Abenteuerlust wiedererweckte. Fluch und Segen auch hier: Mein Draht zum Aufbruch ist relativ kurz, sodass es nicht viel braucht, um den Entdeckerdrang in mir hervorzurufen. Nachdem wir Reisegeschichten ausgetauscht hatten drehte sich in meinem Kopf wieder alles um die Weiterreise.

Ab ins Internet und in die Bibliothek um Infos und Inspiration für die weitere Routenplanung zu gewinnen. Ich las Blogberichte über Radabenteuer nach Cape York, mein großes Zwischenziel auf dieser Australientour. Und spätestens dann war es um mich geschehen. Noch so viel zu erleben!


Aber zunächst gab es noch so einiges in Tasmanien zu erkunden. Knappe 1000 Kilometer wollte ich noch erradeln. Und damit auch über 9000 Höhenmeter überwinden. Kein Pappenstiel. Tatsächlich hielt es mich noch einen Tag länger in Hobart, als ursprünglich geplant.
Alle Sachen gepackt und abfahrbereit wollte ich mein Rad raustragen. Es war eiskalt und ein Regenschauer wehte durch die Straßen. Auf Mount Wellington hatte es sogar geschneit. Abgeschreckt vom plötzlichen Wetterwandel fiel es leicht doch noch eine weitere Nacht im trauten Heim zu verbringen.


Das erste Ziel war die Tasman Peninsula. Von Migräneartigen Kopfschmerzen geplagt, kämpfte ich gegen starke Seitenwinde. Ich war sehr müde und schlapp und hatte unüblicherweise keinen Hunger am Abend. Ich schlug mein Lager im Wald auf und um halb sieben war ich im Schlafkoma. Am nächsten Morgen fühlte ich mich frisch und die Welt war wieder in Ordnung. Es dauerte eine Weile, aber ich denke das war die Reaktion auf abrupten Koffeinentzug. Ich hatte beschlossen meinem Laster, dem Kaffee, zu entsagen. Nur noch gelegentlich gönne ich mir ein Tässchen. Das knallt dann dafür richtig.

Erstes Ziel war eine kleine Tageswanderung zum Shipstern Bluff. Lange Zeit nur einem einheimischen Surfer bekannt, explodierte die Bekanntheit dieses nur schwer zugänglichen Spots nach der Jahrtausendwende durch halsbrecherische Surfvideos. Die fetten Wellen rauschen allerdings erst im Winter herein. Allein meine kleine Reise zum Start des Wanderweges war ein Abenteuer für sich. Maßgeblich durch das Wetter bedingt.

Grau, regnerisch und windig. Die idealen Bedingungen, wenn man den ganzen Tag Draußen verbringt. Aber wie sooft ist das Einstellungssache. Ich war froh den Kopfschmerz los zu sein und an diesem Tag kümmerte mich das Wetter herzlich wenig. Über eine kleine, schlammige und natürlich ansteigende Landstraße ging es in den äußersten Süden der Halbinsel. Dem Ozean entgegen.

Ich genieße das ländliche Tasmanien in all seinen Facetten. Die Ruhe und die Einfachheit des Landlebens fesseln mich. Einfachheit ist wohl auch einer der Gründe weshalb ich diese Art des Reisens bevorzuge. Hier in Tasmanien bin ich vor allem von den Wellblechverschlägen fasziniert, die der romantischen Bauernhofidylle eine gewisse Grobheit entgegensetzen. Den sogenannten shacks.

An diesem Tag schien es, als gäbe es nur die Schafe, Rinder und mich. Keine andere Menschenseele ließ sich blicken. So kämpfte ich mich still durch den Matsch. Neugierig beäugt vom grasenden Vieh auf den saftig grünen Wiesen. Der Geruch von nassem Gras und Dung in meiner Nase.
Mit Erreichen des Wanderweges stoppte auch der Regen. Rucksack aufgeschnallt und auf den Weg. Ich konnte die salzige Meeresluft und die sich an den Felsen brechenden Wellen riechen und hören. Lange bevor der dichte Eukalyptus-Wald den Blick auf das weite Blau der See freigab.

Zunächst passierte ich Tunnel Bay. Schon dieser Ort weckte meine Begeisterung. Aber als ich nach einer weiteren Kuppe entlang der Küste die nächste Bucht erblickte, war ich auf ein Neues von der Schönheit der Natur überwältigt. Der graue Himmel und das schroffe Wetter kreierten die passende Stimmung für diesen Ort. Es war einer dieser Momente an denen man sich bewusst wird, wie klein und unbedeutend der Mensch im Universum ist.

Beflügelt durch die Wanderung sattelte ich am späten Nachmittag wieder auf. Die Sonne kämpfte sich durch die Wolken und blauer Himmel leitete das Ende des Tages ein. Ich fuhr eine kleine Schleife in nord-westliche Richtung und schlug mich gewohnt in die Büsche.

Herrliches Wetter begleitete mich die folgenden Tage. Während meiner Ostküstentour kamen mir zahlreiche Radler entgegen. Wenig verwundernd, kämpfte ich viele Tage gegen den Wind.
Weit abseits von Verkehr, verlor ich mich zunächst in der Landlebenidylle und anschließend in den dichten Wäldern entlang der Wielangta Road. Eine kleine Picknick Fläche lud zum Entspannen in der angenehm warmen Nachmittagssonne ein. Bis ein Monstertruck die Ruhe vernichtete.

Ein Geländewagen kam herangerauscht und raus sprang ein junger Kerl, der mich mit seinem tief tasmanischen Dialekt überflutete. Bis auf das obligatorische „Wie geht’s“, konnte ich lediglich „cobber“ verstehen. Das tasmanische Pendant zu . Die Konversation war entsprechend merkwürdig und ich muss jedes Mal schmunzeln, wenn ich daran zurückdenke.

Der kommende Tag brachte mich wieder zurück in besiedelte Regionen. Zuvor musste ich mich jedoch über Pamir-Highway-ähnliche Straßenverhältnisse kämpfen. Holterdiepolter erreichte ich die mir mittlerweile wohlbekannte kleine Ortschaft Orford. Ich stockte meine Nahrungsvorräte auf und rollte anschließend weiter die Ostküste hoch. Eine Strecke, die ich bereits zweimal auf dem Hin- und Rückweg zu meiner Lieblingsinsel Maria Island geradelt bin. Gerade deshalb, hatte ich Bedenken. Bis dahin, war es der verkehrsreichste und daher stressigste Teil meiner Tasmanien-Umrundung. Damals lag es wohl an der Ferienzeit um den Jahreswechsel herum, da es nun angenehm ruhig war.

Der Abschnitt von Orford war lang und zog sich eine Ewigkeit dahin, da es keine wirkliche Option gab um anzuhalten. So fuhr ich bis Mayfield Bay. Das Warten zahlte sich dafür aus: Mittagssnack mit anschließendem Spaziergang am Strand und Blick auf die Tasman Peninsula und den Freycinet Nationalpark, welchen ich als nächstes anpeilte.

Am Nachmittag setzten mir Sonne und Wind ein wenig zu. Als es Zeit war nach einem Übernachtungsplatz Ausschau zu halten, fand ich mich aussichtslos in abgezäunten Farmland wieder. Keine Möglichkeit weit und breit. Das ist meistens die Phase, in der das Radfahren nicht mehr so viel Spaß bereitet. Während ich müde und automatisiert vor mich hin strampelte, neigte sich die Sonne langsam, aber unaufhaltbar dem Horizont entgegen. Manchmal hilft es auf ein Wunder zu hoffen:
Ein kleiner Ort. Es riecht nach Grill. Ich bin müde und vor allem hungrig. Fleischeslust bei dem süßlich-rauchigen Geruch von toten Tierteilen. Erst als eine winkende Hand aus einem Autofenster auftaucht, wache ich aus meinem Tagtraum auf und beschleunige etwas, um heranzufahren. Ein uriger Tasmanier brabbelt drauf los und empfiehlt mir in lockerem Ton einen guten Platz, um mein Zelt aufzuschlagen. Nur 500m entfernt auf einer kleinen Landstraße.

Erfasst von unendlicher Dankbarkeit und Staunen folgte ich seiner Wegbeschreibung und wählte ein schattiges Plätzchen auf der großen Wiese. Direkt an einem kleinen Fluss, der eine willkommene Abkühlung an diesem warmen Tag bot. Besser hätte ich es nicht treffen können.
Auf in den Freycinet Nationalpark. Es war wieder Zeit für eine Wanderung. Trotz der gewohnten Anstiege, fühlten sich die 50 Radkilometer nach Coles Bay locker an. Womöglich die Vorfreude auf mein kleines Wanderabenteuer auf der Halbinsel.

Ich erreichte das Besucherzentrum in Coles Bay zur Mittagszeit. Dort packte ich meine sieben Sachen und verstaute den Rest samt Rad in der Gepäckaufbewahrung im Informationszentrum. Von dort waren es allerdings noch ein paar Kilometer bis zum eigentlichen Start der Wanderung. Da ich ohnehin sechs Stunden Wanderung vor mir hatte, trampte ich mit einem der vielen Autos zum Startpunkt. Eine Gruppe Taiwanesen, die in der Nähe von Burnie Brombeeren pflückten, nahmen mich mit. Chichi ist Danke auf taiwanesisch.

Es war Wochenende und entsprechend voll auf dem Weg zum berühmten Wineglass Bay. Wenn man den Aussichtspunkt erreicht, weiß man auch warum. Den meisten recht beleibten Touristen ist das Stück zur Aussichtsplattform genug. Ein schnelles Foto und ab dafür. Am Strand selbst war es schon etwas weniger geschäftig und anschließend auf dem Weg zu meinem Tagesziel, Cooks Beach, war es nur eine französische Familie mit einem Segelboot und drei Wanderer in entgegen gesetzter Richtung.

Abgesehen vom anstrengenden ersten Teil zum Wineglass Bay, war es anschließend angenehm flach. Entweder durch schattigen Wald oder entlang des türkisblauen Meeres auf festem, weißem Sand. Ein Traum. Überwältigt von der Ruhe und dem Naturerlebnis hätte ich um ein Haar die dicke, schwarze Schlange verpasst, die neben dem Wanderweg verweilte. Zunächst war ich nur geschockt, dann aber fasziniert und irgendwie froh dieses Erlebnis hinter mich gebracht zu haben. Zwar hatte ich auf dem Rad schon einige Exemplare gesehen, aber da ist man dann auch irgendwie sicher und es dauert nicht lange und man hat eine gute Distanz zwischen sich und das Kriechtier gebracht. Alles halb so wild also!


In Cooks Beach traf ich auf eine Gruppe freiwilliger Helfer für den Nationalpark, die mir empfahlen noch einen Abstecher nach Bryans Beach zu unternehmen. Zwar war es bereits ein langer Tag, aber da ich nur eine Nacht bleiben würde und die Route zurück bergig und anstrengend sein würde, entschloss ich mich nochmal ein paar Meter zu machen bevor es Zeit für das Abendessen war. Ein Mix aus Gehen und lockerem Jogg brachte mich in einer halben Stunden an einen weiteren Traumstrand. Kleine Fischerboote vereinnahmten die von Wind und Wellen geschützte Bucht.

Nach so einem wunderbaren Tag und an so einem wundervollen Ort, darf das Beobachten des Sonnenuntergangs natürlich nicht fehlen. Das Meer, der Wind, die Wellen, der salzige Geruch, die Sonne, das Licht…Ein gelungener Tag(esabschluss).

Ein langer Tag wartete. Mit Regen hatte ich tatsächlich garnicht gerechnet. Zu Beginn des langen Anstiegs auf Mount Graham setzte ein leichter Nieselregen ein, der auf dem ungeschützten Gipfel in Verbindung mit dem frischen Wind recht unangenehm wurde. Wolkenverhangen und grau präsentierte sich der Nationalpark mit seinen Stränden an diesem Tag. Krasser Kontrast zu den Reisekatalog-haften Bedingungen am Vortag.

Während es wieder talwärts zurück zum Wineglass Bay ging, klarte es auf. Am Strand war es unangenehm schwül und obwohl ich den harten Abschnitt und einen Großteil der Distanz hinter mir hatte, kamen mir die zwanzig Minuten am Traumstrand wie eine Ewigkeit vor. Jeder Schritt ein Kraftakt und ich war froh, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Das Gute am Wetter: Niemand sonst dort. Erst als ich mich wieder auf den Weg über den letzten Hügel vor dem Parkplatz machte kamen mir einige Menschen entgegen.

Am Ende der Wanderung traf ich ein Pärchen aus Melbourne, mit welchem ich zum Informationszentrum zurückfahren konnte.
Zurück im Sattel fuhr ich nach Coles Bay und langte erstmal in die Vollen. Ich hatte einen Bärenhunger und gönnte mir Fish & Chips einen köstlichen Pie, eine Ladung Eis und einen bunten Cookie so groß wie meine Hand. Anschließend eine Runde ins erfrischend kühle Meer und dann nochmal eine gute Stunde aufs Rad.

Am kommenden Morgen erreichte ich Bicheno. Ein süßer kleiner Ort am Meer. Ohne Tankstelle. Die wird aber gerade gebaut. (Die letzten Tage habe ich immer wieder Schilder gesehen mit dem Hinweis, der beinahe als Warnung rüberkommt, dass es kein Benzin in Bicheno gibt! Ich hatte schon einen kleinen Song im Kopf…).

Ich unternahm einen Abstecher in den Douglas-Apsley Nationalpark. Über eine abermals idyllische Schotterpiste, erreichte ich den Park und spazierte ein paar Minuten zu einem aufgestauten Fluss. Herrlich kühles Wasser belebte Geist und Körper. Ich traf eine Gruppe Backpacker, die ich noch zweimal entlang meiner Route traf. Jedes Mal waren sie überrascht, dass ich so schnell mit Rad unterwegs war.

Nach der Erfrischung im kühlen Nass wurde das Radfahren aufgrund zunehmend stärker werdenden Gegenwinds immer mühsamer. Die Straße führte mich in nördlicher Richtung und Küstennähe durch offenes Farmland.

Lieber klettere ich Berge, als hilflos gegen den Wind anzukämpfen. Also beschloss ich kurzer Hand links abzubiegen und den Elephant Pass nach St. Marys hochzufahren. Eine ausgezeichnete Entscheidung. Durch den Wald und mit konstanter Steigung windet sich die verkehrslose Straße in den beschaulichen Ort.

Ein öffentlicher Campingplatz lud zum Verweilen ein und ich fand etwas Schutz vor dem mittlerweile stürmischen Wetter.
Der nächste Programmpunkt war die Bay of Fires in der Nähe von St. Helens. Gerade als ich die Ortseinfahrt passierte, kam mir Lisa und Mark vom Kirschpflücken entgegen. Die beiden sind in ihren 60ern und reisen um und durch Australien. Natürlich mit dem Wohnwagen. Ganz in Grey Nomad Manier. Die grauen Nomaden, die ich überall antreffe und die immer für einen Tratsch zu haben sind. Lisa ist gebürtige Amerikanerin, was schwer zu überhören ist. Mark war lange Zeit Ballonführer und hat ein paar irre Stories aus aller Herren Länder auf Lager. Die beiden leben seit 20 Jahren gemeinsam in Perth.

Den Rest des Vormittags verbrachte ich in der Bibliothek um meine Blogberichte fertigzustellen. Ich wusste, dass eine schwere Regenfront angekündigt war und machte mich entsprechend rechtzeitig auf die Socken um einen geeigneten Zeltplatz entlang der Bay of Fires zu finden. Ich steuerte die nördliche Seite von Cosy Corner an.

Cosy Corner. Dieser Name ist seit meinem ersten Australien Abenteuer tief in mein Gedächtnis gebrannt. Direkt am Strand und unweit von den von rötlichen Flechten bewachsenen Felsen lag der Campingplatz. Es war eine eigenartige Atmosphäre. Ein paar Tropfen fielen vom dunklen, wolkenverhangenen Himmel, aber so richtig regnen tat es nicht. Gute Wellen lockten ein paar Surfer ins Wasser. Angler standen auf den Felsen und versuchten ihr Glück und drum herum verstreute Camper und Touris auf Fotostop.


In der Nacht kam dann der angekündigte Regenguss. Perfektes Timing. Nach dem Frühstück am leeren Strand ging es wieder zurück in die Bibliothek von St. Helens um den Blogbericht den letzten Schliff zu verpassen. Während ich dort saß kamen noch ein paar andere Radreisende vorbei. Einer kam gerade von Ansons Bay, mein nächstes Ziel. Er warnte mich vor der stark ausgefahrenen Schotterpiste. Wieder mal ein Beispiel für nicht ernstzunehmenden Rat. Der Kollege war auf einem federgedämpften Mountainbike unterwegs. Ich fand die Straße absolut in Ordnung. Weit entfernt von einem schlechten Zustand. Der andere Radler erinnerte mich ein bisschen an einen Papagei. Man stelle sich einen weißhaarigen, braungebrannten Herren Ende sechzig im Rollerskate Outfit mit Goldkette vor. Ein Hippie aus Oregon. Nach einer ruhigen Fahrt durch Felder, Wälder und Wiesen erreichte ich mein Tagesziel, Policemans Point. Ein herrlicher Fleck zwischen der Lagune von Ansons Bay und der Meeresmündung gelegen. Ich beobachtete die Gezeiten und die mächtigen Pelikane während ich mein Abendessen genoss.

Am nächsten Tag musste ich mich abermals dem Wind geschlagen geben und meine Route anpassen. Ursprünglich wollte ich den Nordosten in Küstennähe umrunden. Schnell musste ich jedoch einsehen, dass es wenig Sinn machte mich durch das zwar flache, aber dem Wind ausgesetzten, Farmland zu kämpfen. Also eine weitere Abbiegung nach Links. Zurück in das hügelige Inland. In meinem Tagebuch steht: Wind, Wind, Wind, Wind, Wind, schrecklicher West-Nordwest-Wind. Immerhin passierte ich auf diesem Weg Derby. Ein alter Bergbau-Ort, der nun ein Mekka für Mountainbiker ist. Natürlich gefällt es mir hier. Schließlich dreht sich alles um das Fahrrad. Ich campierte in Branxholm.

Launceston markierte ein großes Zwischenziel für mich. Zum einen hatte ich Tasmanien so gut wie umrundet, zum anderen würden es von hier nur noch wenige Tage bis nach Hobart sein.

Eigentlich war nicht wirklich geplant viel Zeit in Launceston zu verbringen, aber nachdem die Dame im Informationszentrum so begeistert und interessiert an meiner Reise war, nahm ich das als Zeichen doch ein wenig Sightseeing zu betreiben. Zu ärgerlich, dass ich das Bier Festival am Vortag verpasst hatte. Aber ich machte das Nächstbeste daraus und buchte eine Tour durch die Boags Brauerei. Käse und Bierverköstigung inklusive versteht sich.

Beim munteren Trinken und snacken am Ende der Tour kam ich mit einem älteren Paar aus New South Wales ins Gespräch. Prompt wurde ich eingeladen durchzuklingeln, sobald ich in der Nähe von Grafton sei.

Gut angeheitert machte ich noch einen Stopp in der Cataract Schlucht. Ein kleines Paradies mitten in der Stadt. Wanderwege, Kletterrouten, ein Sessellift und Cafes kreieren das perfekte Innerstädtische Freizeitdomizil. Für die Wagemutigen bietet sich an von den Felsen in den Fluss zu springen. Das überließ ich an diesem Tag aber der jüngeren Generation.

Von Launceston ging es dann erstmal wieder ordentlich bergan. Schließlich wollte ich die Landesmitte überqueren. Ich wählte ruhige Landstraßen und fand mich am Ende des Tages im kleinen Örtchen Bracknell wieder. Da ich bis dahin wieder nur durch abgezäuntes Farmland gefahren bin, beschloss ich mein Zelt bei den paar Campervans aufzuschlagen, die es sich am Sportplatz gemütlich gemacht hatten.
Über Nacht schlug das Wetter um und ich fand mich am Morgen tristem Nieselregenwetter wieder. Hätte ich die eindrucksvollen Berge nicht schon am Vorabend bestaunen dürfen, hätte ich an diesem Morgen vor lauter Wolken und Nebel nicht gewusst, dass welche da sind.

Einsame Schotterstraßen schlängelten sich durch dichten Regenwald, der seinem Namen alle Ehre machte. Es gibt bessere Tage. Schlammig und mal wieder abartig steil mühte ich mich durch den Wald. Teilweise konnte ich nicht weiter als 20 Meter sehen, so dick war die Nebelsuppe.
Ich erreichte die High Lakes Road und machte wieder bessere Fortschritte. Zwar ging es immernoch bergan, aber es war wieder asphaltiert und die Steigung zu bewältigen. Ich erreichte den höchsten Punkt meiner Reise. Ein Witz, bedenkt man, dass ich in Tadschikistan Gipfel weit über der 4000 Meter Marke bewältigt hatte. Die 1250 Meterchen sind also nicht der Rede wert. Bedauerlicherweise verpasste ich mit dem Wetter auch die Aussicht über das Seenplateau. Das nächste Mal dann.

Entlang der langsam austrocknenden Seen ging es vorbei an kleinen Häuseransammlungen die in dem trostlosen Wetter noch trostloser erschienen. Und dann rollte es los. Natürlich müsste es vom Plateau auch wieder runter gehen und so konnte ich lange Abfahrten genießen, die gelegentlich von erträglichen Gegenanstiegen unterbrochen wurden.
Am nächsten und letzten Tag auf dem Rad wurde ich dann so richtig vom Wetter belohnt. Der perfekte Abschluss für meine Tasmanientour. Strahlender Sonnenschein und ein leichter Rückenwind, gepaart mit einer stetig abfallenden Straße trugen mich über 130 Kilometer zurück nach Hobart, wo ich bereits nachmittags eintrudelte.

Eric war selbst erst an diesem Tag von seinem Trip zurückgekehrt und wir tauschten unsere Erlebnisse aus. Über die nächsten Tage konnte ich etwas beim Umzug seiner Tochter behilflich sein, die in Erics Haus einziehen würde, da er für das nächste halbe Jahr auf dem Pacific Crest Trail unterwegs sein würde (der steht jetzt auch auf meiner Liste!). Eric brachte mein Rad in Schuss und tauschte die abgenutzte Kette, sowie die Kassette aus.

Wir verbrachten eine gute Zeit. Das Wetter war Bombe und ich schaffte es dann endlich noch das Museum of New and Modern Art (MONA) zu besuchen. Welch ein Erlebnis. Allein die Geschichte hinter dem Museum macht es interessant: Der Gründer, David Walsh, hat es gebaut um selbst mehr über Kunst zu lernen und es gleichzeitig den Tasmaniern zugänglich zu machen (für welche der Eintritt immer frei ist). Sein Vermögen hat er ganz einfach mit Glücksspiel verdient.

Und wahrlich findet sich ein brutal bunter Mix an Ausstellungsstücken. Was das Museum neben der eindrucksvollen Architektur aber wirklich zu einem Erlebnis macht, ist für mich die Darreichung der Informationen über die Objekte.

Mittels iPhone erfährt man alles über den Künstler, die Idee hinter einem Werk, sowie die Gedanken oder Interpretation eines anderen Künstlers und eine Abhandlung was David Walsh daran so toll findet. Zusätzlich kann man Objekte liken oder haten und sieht gleichzeitig wie viele andere Menschen dieselbe Meinung haben.

Abschließend gingen wir am letzten Abend zu Rektango. Ein wöchentliches Event in einem kleinen Hinterhof im Salamanca Distrikt. In einer coolen Open Air Location spielt für 90 Minuten jede Woche eine Band. Es gibt Bier und Sangria und ein einmaliger Mix aus eingesessenen Hobartianern und Touristen feiern den Start des Wochenendes. Ich feierte meine auf immer in Erinnerung bleibende Zeit dort.


Eric fuhr mich dankenswerter Weise zum Flughafen und dann hieß es Abschied nehmen. Ich hasse es mit dem Fahrrad zu fliegen und kann nachvollziehen warum manche Leute einfach gleich um die ganze Welt fahren. Dann spart man sich das Zerlegen und Verpacken des Rads und den Stress beim Check-In. Obwohl ich bei der Airline angerufen hatte, hieß es am Schalter dann plötzlich, dass 35kg zu schwer sind, um es als ein Gepäckstück zu transportieren. Ätzend. Vor allem wenn man leicht verkatert daherkommt.

Aber Ende gut, alles gut. Fahrrad und Fahrer kamen unbeschadet in Melbourne an und konnten die Reise fortsetzen. Zumindest kurzweilig. Aber was es damit auf sich hat, spare ich für den nächsten Beitrag auf…