Maui – Das Paradies. Auch für Radfahrer

   

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Lange hat es gedauert bis ich diesen Eintrag über Maui in Angriff nehmen konnte. Und das, obwohl ich nur verhältnismäßig kurze Zeit dort war. Aber gerade deswegen hat es etwas gebraucht, um diese vielen schönen Erlebnisse zu verarbeiten und in Schriftform zu bringen.


Ich entschuldige mich ausdrücklichst für den inflationären Gebrauch des Wortes ‘’Paradies”. Und für alle Superlative, von welchen ich auch in diesem Beitrag Gebrauch machen werde. Muss.

Die Entscheidung tatsächlich nach Maui zu fliegen war vielmehr eine Laune, als eine wohlüberlegte Entscheidung. Zuviel hört man über die vielen Touristen, ganz zu schweigen von den ganzen Flitterwochen- und Hochzeitspaaren. Die Vermutung liegt also nah, dass die Insel voller Menschen ist. Ergo müssen auch unzählige Autos unterwegs sein.
Demzufolge spricht viel dafür lieber mehr Zeit auf den anderen Inseln zu verbringen. Mit nur einer Woche auf Maui ging ich somit einen Kompromiss ein. Aber bin ich froh! Diese vergangenen sieben Tage waren das schönste Radfahrerlebnis der gesamten Tour.

Wenige Autos, einsame, schmale Straßen. Natürlich, die wundervolle Landschaft, von der man gar nicht genug schwärmen kann. Alles kommt hier zusammen. Noch immer fühle ich mich wie in einem Traum und warte lediglich darauf aufzuwachen.

Ankunft am Flughafen in der Inselhauptstadt mit dem wohlklingenden Namen Kahalui. Zur Mittagszeit hatte ich mein Rad abfahrbereit zusammengesetzt. Ich wusste es würde ein harter Tag werden. Ziel war der Waiananapapa State Park kurz vor Hana.


Der Weg dorthin ist das ultimative To-Do, wenn man nach Maui kommt. Entsprechend erwartete ich schrecklichsten Verkehr und Regen, da die kurvige, enge Straße auf der feuchteren Nord-Ostseite der Insel liegt.
Über 54 einspurige Brücken und unzählige Haarnadelkurven erstreckt sich diese Traumstraße durch den hawaiianischen Dschungel. Neben den vielen Brücken gibt es mindestens genausoviele Wasserfälle entlang der Route. Je nachdem wieviel Niederschlag die Gegend gerade abbekommt.
Ich sah nicht ganz so viele und nicht ganz so mächtige Wasserfälle, was mir allerdings mehr als recht sein sollte. Das bedeutete für mich nämlich feinstes Radfahrwetter.

Auf und ab und auf und ab und Brücke nach Brücke erstrampelte ich mir eine schöne Aussicht nach der nächsten.
Es war phantastisch. Und ich konnte die Szenerie in vollen Zügen aufsaugen, da es kaum ein Auto gab auf das ich achten musste oder die Ruhe störte. Das Radeln fühlte sich locker und leicht an, schließlich war ich auch viel zu sehr von meiner Umgebung abgelenkt, als irgendeine Form von Anstrengung zu spüren. Ich war im Flow.

Bis plötzlich ein wild gewordener Hund hinter und im nächsten Augenblick neben mir herjagte…Überholende Autos hätten den Köter beinahe platt gemacht, wenn diese nicht in Harakiri-Manövern ausgewichen wären (Gottseidank kein Gegenverkehr in dem Moment!). Ein Glück, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Ich habe schon von vielen Hundegeschichten anderer Radfahrer gehört und hatte auch selbst schon ähnliche Vorkommnisse erlebt. So knapp und so böse war es allerdings noch nicht…toitoitoi.

Auf halbem Weg gibt es einen kleinen Straßenstand, eher Hüttenverschlag, an dem ich mir saftiges, warmes Bananenbrot gönnte. Frisch aufgetankt ging es weiter gen Osten. Ich kam schnell voran und musste mir keine Sorgen machen es nicht bis zum Waiananapapa State Park zu schaffen. Entsprechend gönnte ich mir den Luxus nicht zu kochen, was ich ohnehin für die Zeit auf Maui vorgenommen hatte, und stoppte wenige Kilometer vor meinem Tagesziel bei einer Ansammlung von Foodtrucks.

Ahi Fish & Chips waren im Angebot und natürlich schlug ich sofort zu. Hier sei angemerkt, das Ahi Thunfisch ist. Gleichzeitig kam ich ins Gespräch mit einem Radfahrer, der mich wieder mit allen möglichen nützlichen Informationen versorgte. Von nun an will ich die Orte an denen ich speise und logiere auf Tripadvisor bewerten und hier verlinken. So kann sich jeder der die gleiche Route einschlägt ein detaillierteres Bild von den örtlichen Gegebenheiten machen.

Die letzten Meter zum Waianananpapapapatärätärätö…-Park waren zum Rollen. Der mit Abstand schönste schwarze Sandstrand erwartete mich. Eingerahmt von erkalteten Lavaflüssen und mit dem allgegenwärtigen saftig-grünen Hängen des Haleakala im Hintergrund.

Am nächsten Morgen wurde ich einmal mehr Zeuge eines atemberaubenden Sonnenaufgangs der mich auf meiner morgendlichen Erkundungstour begleitete. An einem besonders schönen Platz machte ich es mir gemütlich und zelebrierte mein eingepacktes Frühstück. Nach ausgiebigem Hiking ging es wieder in den Sattel.

Jedoch erwartete mich nur eine kurze Fahrt und ich radelte ein paar Kilometer weiter in das verschlafene Hana. Trotz der vielbeworbenen “Road to Hana” ist und (hoffentlich) bleibt der Ort von den Touristenmassen verschont. Zumindest öffnet sich der Ort nicht in gleichem Maße den Massen mit Hotelburgen und Fastfood Restaurants. Dies trägt in hohem Maß zum Charme des Örtchens bei.

Auf der Suche nach einem netten Platz für das zweite Frühstück steuerte ich den Hana Community Park an und traf ein Paar aus Kalifornien, die mich mit auf einen Hike zum herrlichen Red Sand Beach nahmen.

Eingerahmt von, selbstverständlich, roten Felsen findet man sich einem ebenso roten Sandstrand wieder. Lavafelsen bilden eine Lagune, die für ideale Schwimm- und Schnorchelbedingungen sorgt.

Nach wiederholtem Sonnen-Schwimmen-Rhythmus wanderten wir zurück auf Suche nach einer Dusche und einem Snack. So kehrten wir zum Hana Park zurück und stärkten uns mit Peanut-Butter-Jelly Sandwiches. Was die beiden nur noch sympathischer werden ließ.

Unsere Wege trennten sich wieder und ich trat meine Tagesetappe zu den Seven Sacred Pools bei Oheo-Gulch an. Der Streckenabschnitt hinter Hana ist noch schöner als die sooft angepriesene Road to Hana und ich genoss einmal mehr das herrliche Radfahrerlebnis auf Maui.
Überrascht und erfreut zugleich war ich, als ich Anabell und Bruce (Deutsche und Kiwi in Australien lebend, die ich in Kauai kennlernte) wiedertraf, die mich mit dem Auto überholten und ebenfalls den herrlichen Campingplatz bei den Pools ansteuerten. Wenig später schlugen wir unsere Planen und Zelte auf und unternahmen einen kleinen Ausflug zu den erfrischenden Quellen der Pools.

Während die Sonne unterging sprangen und schwammen wir im kühlen Nass und beendeten einen weiteren traumhaften Hawaiitag. Just zu diesem Zeitpunkt musste ich immer wieder den Gedanken meiner baldigen Abreise verdrängen, die in scheinbar rasender Geschwindigkeit ablief…

Der nächste Tag war bezüglich Abenteuercharakter und physischer Anstrengung der mit Abstand härteste. Gleichzeitig aber auch der schönste (gegeben den Fall ich wäre gezwungen einen Tag auf Maui zu wählen).

Ich startete im Morgengrauen und durfte einen weiteren schönen Sonnenaufgang beobachten, der einen magischen Farbeffekt in den in den Bergen hängenden Wolken erzeugte…

Bereits kurz nach dem Startschuss wurde ich mit einem Mango-Frühstück überrascht. Eigentlich dachte ich die Mango-Saison auf Hawaii wäre bereits vorüber, da auf den anderen Inseln keine der schmackhaften Früchte mehr an den Bäumen hingen. Ein weiterer Beweis für die Diversität und den einzigartigen Mikroklimata der Inseln. Hawaii ist nicht überall gleich Hawaii, falls das einen Sinn ergibt.

Jedenfalls war die Straße voller Mangos und ich schlug ordentlich zu. Nur kurze Zeit später begann dann der abenteuerliche Streckenabschnitt: Das erste Hindernis bildete dabei ein Steinschlag, der die schmale Küstenstraße unpassierbar machte…Zumindest für Autos.

Mit ordentlich Respekt vor den dicken Steinbrocken und Bammel vor Nachzüglern trug ich mein Gepäck und Fahrrad in drei Portagen über das Trümmerfeld. Etwas Besseres als der Steinschlag konnte mir nicht passieren: Keine Autos von hinten.

Aber auch in entgegenkommender Richtung beschränkte sich der Verkehr auf eine handvoll Autos. Einfach geil. Als einzigen Missstand auf den kommenden 20-30 (?)km war der miserable Zustand der Straße. Die Straße bestand aus mehr Schlaglöchern, als von der eigentlichen Straße noch übrig war. Die Aussicht auf Berge, Meer und die sich windende, hügelige, leere Straße entschädigten jedoch für die Strapazen.

Dafür war die Freude umso größer, als ich wieder den gewohnten glatten Hawaii-Belag unter den Reifen hatte. Und ich sage dir, ich bin beinahe in Freudentränen ausgebrochen. Mein Freudenschrei jedenfalls war laut genug um ihn auf den anderen Inseln zu hören. Überwältigt und begeistert von dem schönen Tag traf ich die spontane Entscheidung auf das „Haus der Sonne“ zu fahren.

Wer hat sich denn diesen Hippienamen ausgedacht, möchte man meinen, aber es ist lediglich die Übersetzung für den wohlklingenden Namen des über Maui thronenden Haleakala (Hale = Haus; Kala = Sonne). Mehr als stolze 10.000 Fuß über dem Meeresspiegel liegt der Gipfel. Mein Ziel sollte allerdings nur auf knapp 7.000 Fuß sein: Der Campingplatz.

Langer Tag. Langer Anstieg. Aber keine Langeweile. Herrlichstes Wetter und ein gradueller Anstieg liesen die Kletterei zum puren Genießererlebnis werden. Mit jeder Kehre konnte ich weiter in die Ferne blicken und die Nachbarinseln Molokai und Lanai sehen.

Bei Sonnenuntergang hatte ich mein Ziel erreicht und ich begrüßte die kühle Temperatur in der Höhe. Nachdem die Sonne jedoch untergangen war wurde es richtig kalt. Zumindest gefühlt, denn sicherlich waren die Temperaturen noch im Plusbereich, aber mit einem klaren Himmel auf über 2000 Metern und einem Sommerschlafsack war es unangenehm kalt. So kalt, dass ich meinen Plan zwei Nächte hier zu verweilen noch während dem Einschlafen aufgab und einmal mehr meine Route ummodelte.

In der wirklich eisigen Morgenfrische war es hart in die Gänge zu kommen und ich war tatsächlich zurückversetzt an die letzten Morgende meiner letzten Kanu-Tour im Yukon. Hier war zwar nicht alles gefroren und vereist, aber aufgrund meiner hochsommerlichen Hawaii-Kommode (keine lange Hose, keine Handschuhe, keine Mütze, noch nichtmal ein T-Shirt, nur Tanktops…) fühlte es sich fast schon winterlich an.

Belebt durch die Kälte fasste ich (schon) wieder einen Gedanken und änderte meinen Plan. Es sollte tatsächlich auf den Gipfel des Haleakala gehen. Die Straße war perfekt, der Anstieg im Gegensatz zum Höllentrip auf den Mauna Kea graduell und das Sahnestück: ich fühlte mich topfit.
Nach warmen Frühstück packte ich alles zusammen und machte ich auf den Weg. Der Weg bis auf den Gipfel hatte ein paar kurze Abschnitte, die steiler waren, aber weit entfernt von den 17% des höchsten hawaiianischen Gipfels.

Die Höhe war durchaus zu spüren, aber ich war nicht so ausgepumpt, wie auf dem Mauna Kea. Das Wetter war herrlichst und so konnte ich eine ungetrübte Aussicht auf das Big Island genießen (Mauna Kea inklusive;)).
Innerhalb von 90 Minuten konnte ich zusehen, wie meine Bremsblöcke immer weiter schrumpften. Zurück in Paia stärkte ich mich an köstlichen Crepes und verlor mich im sehr zu empfehlenden Mana Foods.

Anschließend folgte der am wenigsten schöne Teil meiner Maui-Tour.
Die Kuheilani Highway bietet eine breite Radspur, aber ist doch stark befahren. Der Highway 30, der über Wailuku führt wäre die bessere Wahl gewesen. Durch die zwei großen Berge im Westen und Osten bildet sich ein weites Tal, das wie eine Turbine den Wind kanalisiert. Entsprechend hatte ich einen starken Rückenwind.

Wenn ich Glück gehabt hätte, dann hätte ich schon einen der ersten Buckelwale erspähen können. Doch trotz fleißigem Ausschau-haltens lies sich leider kein Wal blicken. Im Dezember hat man jedoch beinahe eine Wal-Garantie.

Ziel war das Camp Oluwalu. Der einzig kommerzielle Camping-Platz, den ich auf meiner Tour in Hawaii gefunden habe. Es hätte zwar die Möglichkeit bestanden umsonst an einem der Beach Parks zu nächtigen, allerdings liegen diese direkt an der Straße.

Wie es das Schicksal so will traf ich in Olowalu die einzigen anderen Radtourer meiner Reise. Noch erstaunlicher, dass die beiden in Whitehorse heimisch sind. Klein ist die Welt. Entsprechend hatten wir viel Spaß und da die zwei noch relativ neu im Radreisen sind, konnte ich viele hilfreiche Tipps geben.

Ich blieb für zwei Nächte und erkundete am freien Tag die Über-Touri-Stadt Lahaina. Viel Essen und ein bisschen durch die Geschäfte stöbern. Ansonsten Entspannen für die große Schleife am nächsten Tag, die mich nach Wailuku und damit zum Endpunkt meiner Maui- UND Hawaii-Tour bringen sollte.

Dort wurde ich von Richard und Anna, zwei Warmshowers-Gastgebern, erwartet. Aber vorher ging es nochmal ordentlich zur Sache. Auf und ab und auf und ab und auf und ab und…so weiter. Wieder einmal kaum Verkehr, enge Straßen und traumhafte Natur…aber das kennst du ja jetzt schon. Lieber lasse ich ein paar Bilder sprechen.

Auf dieser Route hatte ich nochmal das Vergnügen einen Super-Anstieg raufzukrakseln. Glücklicherweise war diese Raketenabschussrampe nur wenige hundert Meter lang. Jedoch hatte ich nach meiner letzten tierischen Begegnung vor Hana etwas Angst vor dem großen, grimmigen Hund, der am Fuß des Hügels wachte. Ich hätte keine Chance gehabt, aber er beobachtete mich nur und trabte ein paar Meter mit mir mit. Sicher hatte er Mitleid, als er sah, wie ich dagegen ankämpfte gerade schnell genug zu treten, um nicht umzukippen.

Wie im Flug ging es nach Wailuku. Aus, Ende, vorbei. Es fühlte sich noch nicht so richtig an, aber das war das offizielle Ende meiner Hawaii-Radtour. Das sollte erstmal mit ein paar Bierchen bei Richard und Anna gefeiert werden. Richard war lange Zeit Feuerwehrmann in Seattle und hat eine Hammer-Geschichte nach der nächsten ausgepackt. Falls hier jemand Drehbücher schreiben will, der Mann hat genügend Stoff, um mehrteilige Hollywood-Streifen zu drehen. Wahnsinn.

Ich blieb zwei Nächte bei den beiden, die sich herrlich um mich kümmerten. Neben Reisevorbereitungen, wie das oftgeübte Auffinden einer Radbox, erkundete ich die Gegend um Wailuku und das idyllische Iao Valley und wir gingen gemeinsam Schwimmen und Laufen. Außerdem hatte ich das Vergnügen bei einem traditonellen Thanks-Giving-Mahl dabei zu sein. Truthahn, Schinken, Pie und Essen und Trinken soviel kein Mensch jemals Essen kann. Perfekt um meine Energiereserven wieder aufzutanken. Am Abend ging es dann schon wieder in den Flieger nach Honolulu, Anfang und Ende meines Hawaii-Abenteuers.