Für manche Dinge braucht es nicht viel. Ein kleiner Stein des Anstoßes. Der berühmte Tropfen der das Fass zum Überlaufen bringt. Der Funke, der das Feuer überspringen lässt.
Für mich war das ein Blog so wie dieser hier. Irgendjemand berichtete über seine Ausflüge auf und mit seinem Fahrrad. Es war ein bestimmter Bericht, der bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte. Eine Wochenendradtour ans Mittelmeer. Zurück mit dem Nachtzug, um Montag morgens wieder in der Schule zu sitzen.
Heute wäre so ein Bericht lediglich ein Beweis dafür, dass es noch mehr Verrückte wie mich gibt.
Damals brachte dieser Abenteuerbericht meine Vorstellungen eines Wochenendes erheblich durcheinander.
Zur gleichen Zeit standen die Sommerferien vor der Tür. Wir waren 16 und wollten etwas unternehmen. Alleine, ohne Eltern. Ein wenig Freiheit schnuppern. Unabhängig sein.
Auf der gut halbstündigen Busfahrt von der Schule nach Hause schlug ich dann vor versammelter Mannschaft vor eine Radtour zu unternehmen. Keine Sonntagsausfahrt zum Picknick, sondern ein mehrwöchiges Abenteuer mit Zelt und so.
Letztlich war nur einer verrückt genug sich mir anzuschließen. Wie oder warum die Wahl letztlich auf Barcelona als Ziel gefallen ist, keine Ahnung.
Und manchmal, wenn man so ein Projekt angeht, laufen gewisse Dinge dann einfach zusammen. Ein Bekannter meines Vaters hatte zufälligerweise ebenfalls eine Radreise nach Barcelona unternommen. Heute schwer vorstellbar, aber wir benötigten einen Haufen Kartenmaterial. Nichts da Smartphone und GPS.
Neben Unmengen an Müsliriegeln schleppten wir kiloweise Kartenmaterial mit uns herum.
Womöglich einer der Ursachen, warum Wolle´s Gepäckträger nach wenigen Kilometern den Geist aufgab. Kaum unterwegs hatten wir die ersten Radreiselektionen gelernt: 1. Teste dein Material. Und zwar vor der Reise! 2. Packe leicht.
Wenigstens hatten wir trainiert. Zumindest wenn man unsere damalige ganz eigene Vorstellung von Training als Definition nimmt.
Sofort nachdem unsere Eltern mit knirschenden Zähnen unser Vorhaben abgesegnet hatten, fuhren wir wann immer es möglich war mit dem Fahrrad zur Schule. Das waren immerhin gute 10 Kilometer durch den hügeligen Taunus.
“Ihr seid mit dem Fahrrad zur Schule gefahren?” “Von Schloßborn?” – In der Schule und im Freundeskreis nahm uns niemand für voll. “Kann man mit dem Fahrrad überhaupt so weit fahren?” “Barcelona? In Spanien?!”Von Zweifel über Bewunderung bis hin zu Neid war wohl alles dabei.
Unser Gepäck bestand größtenteils aus zusammengeliehenen Material. Zelt, Gaskocher, Schlafsäcke. Alles verstaut in zum bersten gefüllten Radtaschen. Der Tag der Abfahrt war auch der erste Tag an dem wir auf den beladenen Rädern saßen.
Da war es nur gut, dass es früh am Morgen war und wir die gesammte Straßenbreite ausnutzen konnten, um unsere wackeligen Räder auszubalancieren. Und dann kam der Ruppertshainer Berg. Es war wohl nur unserem jugendlichen Alter zu verdanken, dass wir keinen Herzinfarkt erlitten. Die Beine brannten und mein Herz drohte mir aus der Brust zu springen. Da waren es nur noch 118 Kilometer bis zu unserem Etappenziel in Mannheim. Spätestens hier dämmerte es uns, dass das Reisen mit dem Fahrrad mit viel Arbeit verbunden war.
Alles egal. Denn diese ersten Meter des Losfahrens werde ich nie vergessen: Ein unnachahmliches Gefühl der Freiheit erfüllte jede Zelle meines Körpers. Dazu Nervosität vor dem Ungewissen. Das ist auch heute noch so und deshalb bin ich auch heute noch so fasziniert von dieser Art des Reisens.
Die Reiseberichte und anderen radverwandten Beiträge sollen zum einen als Inspiration für eigene Unternehmungen dienen, zum anderen die schönste Fortbewegungsart der Welt feiern: Das Radfahren. Viel Spaß!